Bonner Erklärung - „Verbraucherschutz – Faire Beratung, Faire Produkte, Fairer Verdienst“
Die Vorsitzenden der Vertretervereinigungen der deutschen Versicherungsunternehmen, das Präsidium des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK) sowie die Vorstände des Arbeitskreises Vertretervereinigungen der Deutschen Assekuranz e.V. (AVV), die zusammen mehr als 40.000 Versicherungsvermittler in Deutschland vertreten und damit die weitaus größte Interessenvertretung der Versicherungs- und Bausparkaufleute in Deutschland und Europa sind, verabschiedeten in Bonn die nachstehenden Positionen.
1. Verbraucherschutz
Die deutschen Versicherungsvermittler schützen als selbständige Unternehmer die Interessen ihrer Kunden. Aus dem Selbstverständnis ihres Berufsbildes sind sie verpflichtet, ihre Kunden vor Risiken im Leben abzusichern. Eine umfassende und am Wohle des Kunden ausgerichtete Vorsorge ist dabei ihr oberstes Ziel. Die Vermittler sichern die Verbraucherinteressen durch eine kundenorientierte Beratung und langfristige Begleitung.
Die deutschen Vermittler verstehen sich zudem als Mittler zwischen Kunde und Versicherungsunternehmen und sind damit vertrauensvolle Ansprechpartner - insbesondere für ihre Kunden. Dieses gewachsene Vertrauensverhältnis zahlt sich für Kunde und Vermittler gleichermaßen aus.
Die Vermittler in Deutschland leisten einen wichtigen Beitrag für die gesellschaftliche Herausforderung, die Altersversorgung der Kunden auch in Zukunft zu sichern. Mit der Absicherung der Lebensrisiken und insbesondere der Altersvorsorge erfüllen die deutschen Vermittler einen wichtigen sozialpolitischen Auftrag für den Wohlstand in unserer Volkswirtschaft. Aus dieser Aufgabe erwächst ihnen die Verpflichtung, sich aktiv in sozial- und gesellschaftspolitischen Fragen gegenüber ihren Kunden, Geschäftspartnern und der Öffentlichkeit zu positio-nieren.
2. Faire und qualifizierte Beratung der Vermittler
Die deutschen Versicherungsvermittler beraten als Ehrbare Kaufleute ihre Kunden fair und an deren individuellen Bedürfnissen ausgerichtet. Insofern lehnen sie Vertriebssteuerungen ab, die nicht diesen Zielen dienen. Sie erteilen ihren Kunden vertrauensvollen und qualifizierten Rat unabhängig von einem unmittelbaren Geschäftsabschluss.
Die qualifizierte Beratung wird durch stetige Fort- und Weiterbildung der Vermittler gewährleistet. Hierzu nutzen sie unter anderem die Weiterbildungsinitiative „gut beraten“, um fachlich auf dem aktuellen Stand zu sein und stets ihre hohe Beratungsqualität gewährleisten zu können. Die Nachweise der belegten Fortbildungsmaßnahmen werden in Weiterbildungskonten festgehalten und nach festgelegten Kriterien umfassend kontrolliert. Die deutschen Vermittler begrüßen und unterstützen ausdrücklich diese freiwillige Initiative. Bildung ist zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor geworden. Gut aus- und weitergebildete Vermittler werden sich auch zukünftig in einem sich ständig ändernden Markt behaupten können.
Die deutschen Vermittler sind überzeugt, dass angesichts des anhaltenden Niedrigzinsumfelds und der Einschnitte durch das Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) die Verbraucher mehr denn je auf eine faire und qualifizierte Beratung der Vermittler angewiesen sind, um auch in Zukunft in allen Lebenslagen umfassend abgesichert zu sein.
3. Faire und zukunftsfähige Produkte
Die Zukunftsfähigkeit der kapitalbildenden Altersvorsorge über Versicherungen soll durch das LVRG sichergestellt werden, um den Kunden auch in Zukunft adäquate und faire Leistungen aus diesem Produkt bieten zu können. Die Vermittler begrüßen prinzipiell die Intention des LVRG, die Produkte insgesamt zu stärken.
Die Versicherungswirtschaft muss jedoch auch faire und zukunftsfähige Produkte bereitstellen oder bestehende Produkte weiterentwickeln, da hiervon alle Beteiligten, insbesondere die Vorsorge unserer Kunden, abhängig sind. Nur wenn die Politik und alle Parteien an einem Strang ziehen, wird es gelingen, dass alle Beteiligten das Niedrigzinsumfeld bestmöglich überstehen.
Vor diesem Hintergrund begrüßen die deutschen Vermittler das Engagement des BVK, sich für die Etablierung von Mindeststandards bei Versicherungsprodukten zusammen mit der Ratingagentur Franke und Bornberg im Privatkundenbereich einzusetzen. Hierdurch leistet der BVK eine aktive Rolle im Verbraucherschutz im Interesse aller beratenden deutschen Versicherungsvermittler.
4. Fairer Verdienst
Die Versicherungsvermittler erkennen, dass neue Vergütungsmodelle auch das Geschäftsmodell der Lebensversicherung nachhaltig sichern sollen. Um die Zukunftsfähigkeit der Produkte sicherzustellen und den Kunden auch zukünftig adäquate Leistungen anbieten zu können, müssen alle Beteiligten einen Beitrag leisten und mögliche Belastungen müssen fair untereinander verteilt werden. Es gilt, die Folgen des Niedrigzinsumfelds für Kunden und Vermittler adäquat zu gestalten. Um dies zu ermöglichen, ist ein partnerschaftliches Verhalten aller Seiten notwendig. Im Rahmen der weiteren Umsetzung des LVRG ist die Sicherstellung einer angemessenen Vergütung der Vermittlerbetriebe ein hohes Gut, um auch in Zukunft die hohe Beratungsqualität für die Kunden zu gewährleisten.
Die Vorsitzenden der Vertretervereinigungen, der BVK und die Vorstände des AVV appellieren an alle Beteiligten, faire Rahmenbedingungen zu schaffen, mit denen eine faire Vergütung der Vermittler auch zukünftig sichergestellt werden kann.
5. Fairer Wettbewerb – auch im Internet
Die Versicherungsvermittler unterstützen die Forderungen des BVK nach Gleichbehandlung aller Vertriebswege am Markt („fair-level-playing-field“), wonach auch Internetportale oder „Apps“ von „Start-Ups“, die Versicherungen vermitteln, die gleichen Mindestanforderungen hinsichtlich Qualifikation, Beratung und Dokumentation erfüllen müssen wie Versicherungsvermittler. Hierzu zählt auch die Durchführung einer Leistungs- und Bedarfsanalyse. Gleich-zeitig werden die Chancen der Digitalisierung als Mehrwert für die Tätigkeit der Vermittler erkannt, wo diese sie entlasten und Freiräume schaffen.
Insofern begrüßen die deutschen Versicherungsvermittler den Einsatz des BVK, sich aktiv für die Einhaltung dieser Mindestanforderungen einzusetzen. Die konsequente Durchsetzung der Forderungen des BVK unterstützen die deutschen Vermittler ausdrücklich.
6. Faire Umsetzung der EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie
Die Vorsitzenden der Vertretervereinigungen, der BVK und die Vorstände des AVV fordern von den politischen Entscheidungsträgern, bei der nun anstehenden Umsetzung der europäischen Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD mit Augenmaß vorzugehen.
Die deutschen Vermittler begrüßen die ausdrückliche Berücksichtigung und Gleichbehandlung aller Vertriebswege im Rahmen der IDD, inklusive der Internetportale.
Die deutschen Versicherungsvermittler begrüßen zudem, dass eine obligatorische Offenlegung der Provisionen nicht Bestandteil der IDD geworden ist. Nach wie vor vertreten sie die Ansicht, dass eine verpflichtende Offenlegung von Provisionen für den Verbraucher irreführend ist, da diese weder ein Beurteilungskriterium für die Qualität der Beratung noch des Produktes ist.
Zudem wird die Forderung erneuert, am bestehenden Provisionsabgabeverbot festzuhalten. Eine Abschaffung könnte unter anderem eine ruinöse Rabattschlacht zur Folge haben, die letztendlich für keine Seite einen Nutzen bringt.
Die deutschen Vermittler fordern, dass auch die europäische Aufsichtsbehörde EIOPA bei der geplanten zukünftigen Festlegung des Umfangs der Informationspflichten für Vermittler stets deren Praxistauglichkeit im Auge behält. Der bürokratische Aufwand für Vermittler muss auf ein vertretbares Maß beschränkt bzw. abgesenkt werden. Zusätzliche administrative Aufgaben für die Vermittler erhöhen die Kosten, ohne dem Verbraucher einen Zusatznutzen zu bieten.
Bonn, den 24.09.2015